OTZ vom 06.12.2022

OTZ vom 06.12.2022

Insuline, Antidepressiva, Antibiotika, Schmerz- und Fiebersäfte für Kinder, Epilepsie-Medikamente – die Liste von Arzneimitteln, die nicht oder nur schwer lieferbar sind, ließe sich fortsetzen. Anhaltende Lieferengpässe fordern auch Apotheken in Gera heraus. Logistische Weitsicht und Lagerhaltung sind oft das A und O.

„Wir haben ein großes Lager, um viele verschiedene Arzneimittel in entsprechender Menge vorhalten und unsere Patienten schnellstmöglich versorgen zu können“, sagt beispielsweise Sandra Roth, Inhaberin der Elster Apotheke. Aktuell seien etwa 200 Arzneimittel über den Großhandel nicht lieferbar, aber glücklicherweise habe sie sich bevorratet.

Verteuerte Rohstoffe und Rabattverträge

Die Apothekerin hat während der Pandemie enorm investiert und ihr Lager erweitert. Für einige Arzneimittel wie Ibuprofen hat Sandra Roth auch schon Ausgangsstoffe bestellt, um sie notfalls in der Apotheke selbst herstellen zu können. „Glücklicherweise konnten wir bisher immer für Nachschub sorgen. Wir würden nie einen Patienten wegschicken, sondern suchen immer nach einer Lösung. Denn wir sind für den Patienten verantwortlich, sobald er uns sein Rezept anvertraut“, betont Roth. Dementsprechend wendet sie mit ihren zehn Mitarbeitern viel Zeit auf, um den Arzneimittel-Nachschub zu organisieren. Kleinere Packungsgrößen, Einzelpräparate statt Kombi-Mittel seien manchmal ein Ausweg – in enger Absprache mit dem Arzt.

Patienten über die Situation aufgeklärt

„Welche Probleme es derzeit gibt, merken wir auch am Zulauf von Patienten aus anderen Regionen der Stadt, die nicht zu unserem Stammklientel zählen“, erklärt die Inhaberin der Elster-Apotheke. Insofern habe sie auch schon deutlich mehr an Medikamenten abgegeben, was sich wiederum auf die eigene Planung niederschlage.

Als Ursachen der Lieferengpässe sieht Roth die knappen Rohstoffe, aber auch die Rabattverträge, die die Krankenkassen mit den Herstellern schließen – in der Regel für zwei Jahre. Für jede Krankenkasse gebe es ausgewählte Arzneimittel-Firmen. Setze sich die Apotheke über diese Vorgabe hinweg, müsse dafür ein triftiger Grund wie Lieferengpass vorliegen. „Kann ich dies nicht schlüssig nachweisen, bleibe ich auf den Kosten sitzen“, beschreibt Roth das Problem. Rohstoffe hätten sich verteuert, die Hersteller seien jedoch vertraglich gebunden. So würden sie erst jene Länder beliefern, bei denen sie eine Gewinnspanne entsprechend des Wareneinsatzes erzielen. „Ein Firmenvertreter sagte uns, mit jeder verkauften Packung nach Deutschland mache man ein Minus“, berichtet Sandra Roth.

Die Bevorratung ist auch für die Linden-Apotheke in Gera-Langenberg wichtiger denn je geworden. „Wir investieren viel Zeit, damit wir gut aufgestellt sind“, erzählt Inhaberin Sandra Diezel und verschweigt auch nicht den immensen finanziellen Aufwand. „Das hat auch nichts mit Hamstern zu tun, sondern mit Logik“, betont sie. „Am Ende braucht der Patient sein Medikament. Kunden wegschicken ist für uns keine Option“, versichert Sandra Diezel. Mancher Kunde sei schon in Sorge, ob sein Medikament noch vorrätig ist. „Sie sind absolut erleichtert, wenn ich ihnen sage, dass ich das Arzneimittel hole. Und wenn es nicht der Hersteller xy ist, dann ist ein anderer die Alternative“, so die Chefin der Linden-Apotheke. Die Patienten wüssten gut über die Situation Bescheid. „Zufrieden ist damit aber keiner. Oftmals ist es auch nicht zu verstehen, wenn die Folie für Blister fehlt oder wir für ein Medikament als Liefertermin die 23. Kalenderwoche bekommen, nächstes Jahr.“

Zusätzlich eine Apothekerin eingestellt

Pro Woche sind zirka zehn Arzneimittel und zehn Medikalprodukte im Lieferengpass, resümiert Manuela Pertsch, Leiterin der Krankenhausapotheke am SRH Wald-Klinikum Gera. Das Spektrum sei enorm breit und nicht vorhersehbar, besonders kritisch sei aktuell der Lieferengpass von oralen Antibiotika, Schmerzsäften und -zäpfchen und die Kontingentierung von einem Lysemedikament für die Schlaganfallbehandlung. „Wir lagern deutlich mehr ein, statt für zwei Wochen sind es nun sechs bis acht Wochen. Wir müssen die Produkte oft wechseln, mit dem Risiko, dass im Prozess Fehler entstehen, die Kosten steigen, wie in anderen Branchen auch. Durch das engagierte Arbeiten der Mitarbeiter in Apotheke und Einkauf ist die Versorgung der Patienten trotzdem gesichert“, sagt Pertsch.

Es wurde eine Apothekerin zusätzlich eingestellt, die sich um Ersatzpräparate, Testungen, Anpassung der elektronischen Systeme und um die Kommunikation kümmert. Auch die Krankenhausapotheke könne im Bedarfsfall ausgewählte Medikamente für den Klinikbedarf selbst herstellen. „Natürlich bedeutet das einen erhöhten personellen Aufwand“, so die promovierte Apothekerin. Die Einrichtung gibt zirka 8000 Medikamenten-Packungen pro Tag heraus und versorgt sechs Krankenhäuser.

Quelle: OTZ Christiane Kneissel

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